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kürzere Berichte
Ehe für alle
Die Lisa darf jetzt die Tina heiraten, die Petra die Sandra, der Tobias den Rolf und vielleicht sogar der Max den Moritz; das nennt sich "Ehe für alle". Inzucht ist zwar nach wie vor verboten, aber laut einer Abstimmung des deutschen Bundestages am 30. Juni 2017 müssen gleichgeschlechtliche Liebespärchen nun keine gleichgesetzte Partnerschaft mehr beantragen und hoffen, dass ihr Liebesbündnis entsprechend anerkannt wird, sondern dürfen endlich heiraten; also eine richtige Heirat mit allem, was dazu gehört und mit allen Rechten und Pflichten, die daraus zuvor nur für Mann und Frau erwuchsen. Was soll man davon halten?!
Mich selbst betrifft es nicht. Weder darf ich endlich jemanden heiraten, den ich schon lange heiraten wollte aber nicht durfte, noch ergeben sich für mich zwingende Nachteile aus der gleichgeschlechtlichen Ehe oder Ehe für alle. Warum sollte ich also dagegen sein?! Politisch ordne ich mich Lagern zu, die schon lange darum kämpften; und als Künstler versuche ich ohnehin immer, die größtmögliche Freiheit für jeden anderen, und vielleicht auch für mich selbst, zu erkämpfen. Laut dem Grundgesetz verdient zwar die Ehe zwischen Mann und Frau besonderen Schutz, aber ebenso ist die Würde jedes Menschen unantastbar und jeder sollte sich individuell und frei ohne irrsinnige Beschränkungen entwickeln und entfalten dürfen.
Die Meinungen sind gespalten, jedoch ist der Bundestag laut amtlicher Abstimmung mit einer großen Mehrheit dafür; und ich vermute, im Volk sieht es nicht anders aus. Einige konservative, und auch einige weiter rechts stehende, Gruppierungen scheinen von diesem Ergebnis zwar geschockt und wollen ihr Eherecht nicht mit gleichgeschlechtlichen Liebenden teilen, aber es gibt ja immer und überall einige Menschen, die meckern; Mann und Frau, Mann und Mann oder Frau und Frau müssen nur lange genug danach suchen.
Die Kanzlerin Dr. Angela Merkel selbst stimmte gegen die "Ehe für alle", ließ aber immerhin recht schnell eine entsprechende Abstimmung zu. Die anderen Länder dieser Welt werden wohl, teilweise mit Erstaunen, teilweise mit Entsetzen, sehr verblüfft über die gelebte Freiheit in Deutschland sein. Das ist ein wichtiger Schritt weg von der oft vorgeworfenen Engstirnigkeit der Deutschen und weg von den Verfehlungen der deutschen Geschichte. Für die Flüchtlinge dieser Welt ist Deutschland damit vielleicht noch beliebter geworden, was unser Deutschland hoffentlich auch verkraften kann; und während gleichgeschlechtliche Liebe in anderen Kulturkreisen noch in Schlägerei, Mord und Hinrichtung endet, darf man dies nun in Deutschland mit allen Rechten und Pflichten auch offiziell und mehr als nur gesetzlich gleichgestellt tun.
Ich persönlich freue mich für die Menschen, die durch diesen wichtigen, historischen Schritt nun endlich mehr Rechte erhalten; zumindest erhalten sollen, und hoffe, dass der Bundesgerichtshof nicht zu dem Urteil kommt, dass diese neue, nie dagewesene Rechtsöffnung eine Verstoß gegen das Grundgesetz sei. In diesem Falle würde man sich aber wohl den Unmut zahlreicher Bürger zuziehen, was man sicher ebenfalls nicht möchte; also rechne ich damit, dass dieses vorläufige Ergebnis fest verankert wird, auch wenn der Bundesgerichtshof sicher nicht davon sprechen wird, zugunsten der Mehrheiten bzw. dem mehrheitlichen Willen des Volkes in unserem Land eingeknickt zu sein.